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  • Bindungstrauma: Wie frühe Wunden heilen können

Bindungstrauma, auch als Entwicklungstrauma bekannt, bezieht sich auf emotionale und psychische Verletzungen, die in der Kindheit entstehen, oft als Folge von mangelnder Fürsorge, Vernachlässigung oder Missbrauch. Diese frühen negativen Erfahrungen können tiefgreifende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben und sich bis ins Erwachsenenalter manifestieren. Doch es gibt Hoffnung: Mit der guter Unterstützung, Therapie und traumasensiblem Coaching können diese Wunden Schritt für Schritt geheilt werden, und es ist möglich, ein erfülltes Leben zu führen.

Was ist Bindungstrauma?

Bessel van der Kolk, ein führender Experte auf dem Gebiet der Traumaforschung, beschreibt in seinem Buch „The Body Keeps the Score“, wie traumatische Erfahrungen, insbesondere in der Kindheit, im Körper gespeichert werden und das Nervensystem dauerhaft beeinflussen können. Kinder, die in unsicheren oder missbräuchlichen Umgebungen aufwachsen, entwickeln häufig maladaptive Bewältigungsstrategien, die in späteren Lebensphasen zu Problemen führen können.

Van der Kolk betont, dass diese frühen Traumata nicht nur emotionale, sondern auch physische Auswirkungen haben. Das Nervensystem bleibt in einem ständigen Zustand der Alarmbereitschaft, was zu chronischem Stress und gesundheitlichen Problemen führen kann. „Trauma is not just an event that took place sometime in the past; it is also the imprint left by that experience on mind, brain, and body,“ schreibt er. Diese Prägung kann sich in vielfältigen Symptomen äußern, darunter Angst, Depression, Beziehungsprobleme und körperliche Beschwerden.

Fallbeispiel: Wie Bindungstrauma durch emotionale Vernachlässigung entsteht

Um die Entstehung von Bindungstrauma durch emotionale Vernachlässigung besser zu verstehen, betrachten wir das fiktive Beispiel von Lisa, einer 35-jährigen Frau, die den Mut aufbringt im Rahmen eines Coachings oder einer Therapie die Auswirkungen seiner Kindheitserfahrungen zu verarbeiten.

Lisas Kindheit: Eine Geschichte der Vernachlässigung

Lisa wuchs in einer Familie auf, in der emotionale Bedürfnisse selten beachtet wurden. Ihre Mutter war mit ihrer eigenen Depression beschäftigt, und ihr Vater war oft abwesend, entweder physisch durch lange Arbeitszeiten oder emotional durch seine eigene Unfähigkeit, Nähe und Unterstützung zu bieten. Lisa hatte keine Geschwister und fühlte sich oft allein und isoliert.

Von klein auf lernte Lisa, dass ihre Gefühle und Bedürfnisse unwichtig waren. Wenn sie traurig oder ängstlich war, bekam sie keine tröstenden Worte oder Umarmungen. Stattdessen wurde ihr gesagt, sie solle sich „zusammenreißen“ oder „nicht so empfindlich sein“. Diese wiederholten Erfahrungen lehrten Lisa, dass sie ihre Gefühle unterdrücken und ihre Bedürfnisse verstecken musste, um nicht noch mehr Ablehnung zu erfahren.

Auswirkungen im Erwachsenenalter

Im Erwachsenenalter kämpfte Lisa mit einer Vielzahl von Problemen, die auf ihr Bindungstrauma zurückzuführen waren. Sie hatte Schwierigkeiten, enge und vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, da sie ständig Angst hatte, verlassen oder abgelehnt zu werden. Ihre innere Stimme war von Selbstkritik und Scham geprägt und sie litt unter chronischen Angstzuständen. Lisa fühlte sich oft emotional taub und hatte Schwierigkeiten, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen oder zu kommunizieren. In Stresssituationen reagierte sie entweder mit Rückzug oder mit übermäßiger Anpassung an die Erwartungen anderer, um Konflikte zu vermeiden und sich akzeptiert zu fühlen.

Die Hoffnung auf Heilung

Trotz der tiefen Wunden, die Bindungstrauma hinterlassen kann, ist Heilung möglich. Verena König, eine bekannte Trauma-Expertin und Therapeutin, betont in ihrem Ansatz die Bedeutung der Selbstmitgefühl und der bewussten Arbeit an alten Verletzungen. Sie erläutert, dass das Erkennen und Akzeptieren der eigenen Traumata der erste Schritt zur Heilung ist.

In ihrer Arbeit und ihren Publikationen spricht Verena König über die Wichtigkeit, sich sicher und unterstützt zu fühlen, um Heilung zu ermöglichen. Ein stabiler therapeutischer Rahmen bzw. ein stabiles Coaching-Setting, das Sicherheit und Vertrauen bietet, kann den Betroffenen helfen, sich mit ihren Emotionen auseinanderzusetzen und neue, gesunde Verhaltensweisen zu entwickeln. „Trauma muss in einem sicheren Rahmen gehalten werden, damit es sich lösen kann. Es ist die Beziehung, die heilt,“ sagt Verena König.

Praktische Schritte zur Aufarbeitung von Trauma

  1. Unterstützung suchen: Der Weg zur Heilung beginnt oft mit der Suche nach professioneller Hilfe. Traumatherapeuten, die in traumasensiblen Methoden wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) oder Somatic Experiencing ausgebildet sind, können wertvolle Unterstützung bieten.
  2. Selbstmitgefühl entwickeln: Sich selbst gegenüber mitfühlend zu sein, ist entscheidend. Viele Menschen mit Bindungstrauma neigen dazu, sich selbst zu kritisieren.
  3. Sichere Beziehungen aufbauen: Heilung geschieht oft in Beziehungen. Das bedeutet, sichere, unterstützende und liebevolle Beziehungen zu pflegen, die das Vertrauen und die Sicherheit fördern.
  4. Körperarbeit integrieren: Da Trauma im Körper gespeichert wird, kann körperorientierte Therapie wie Yoga, Meditation, Neurotraining oder Atemarbeit helfen, Spannungen im Körper abzubauen und das Nervensystem zu beruhigen.
  5. Achtsamkeit und Präsenz üben: Achtsamkeitstechniken können helfen, im gegenwärtigen Moment zu bleiben und die Kontrolle über überwältigende Emotionen zurückzugewinnen.

Es ist nie zu spät, die Wunden der Vergangenheit zu heilen

Die Auswirkungen von Bindungstrauma sind tiefgreifend, aber sie müssen nicht das gesamte Leben bestimmen. Mit der richtigen Unterstützung und den richtigen Werkzeugen können Betroffene lernen, ihre Vergangenheit zu verarbeiten und ein gesundes, erfülltes Leben zu führen. Wie Bessel van der Kolk es treffend formuliert: „Once you start approaching your body with curiosity rather than with fear, everything shifts.“

Die Heilung von Bindungstrauma ist ein Weg, der Mut und Durchhaltevermögen erfordert. Doch mit jedem kleinen Fortschritt, jedem Moment der Ruhe und der Selbstakzeptanz, kommen wir diesem Ziel näher. Es ist nie zu spät, die Wunden der Vergangenheit zu heilen und das Leben, das wir verdienen, zu leben.

Zurück zu Lisa: Der Heilungsprozess

Im Rahmen ihres Coachings begann Lisa, die Ursprünge ihrer Schwierigkeiten zu erforschen. Sie erkannte mehr und mehr, dass ihre gegenwärtigen Probleme tief in den Erfahrungen ihrer Kindheit verwurzelt waren. Die emotionale Vernachlässigung hatte ihr beigebracht, dass sie nur dann sicher war, wenn sie ihre Gefühle versteckte und sich selbst aufgab.

Ein wichtiger Schritt in Lisas Heilungsprozess war das Erlernen von Selbstmitgefühl. Ihr Coach unterstützte sie dabei, die kritischen inneren Stimmen zu identifizieren und durch eine freundlichere, unterstützende innere Stimme zu ersetzen. Lisa lernte, sich selbst mit derselben Fürsorge und Empathie zu begegnen, die ihr in ihrer Kindheit gefehlt hatte.

Die Rolle sicherer Beziehungen

Ein weiterer wichtiger Aspekt ihrer Heilung war die Entwicklung sicherer und unterstützender Beziehungen. Durch die Therapie erkannte Lisa, dass sie ihre alten Muster in Beziehungen durchbrechen konnte. Sie begann, Freundschaften und eine Partnerschaft zu suchen, in denen sie ihre Gefühle ausdrücken und Unterstützung finden konnte.

Körperorientierte Therapie

Da Trauma oft im Körper gespeichert wird, integrierte Lisa körperorientierte Ansätze wie Yoga, Neurotraining und Atemarbeit (Breathwork) in ihren Heilungsprozess. Diese Praktiken halfen ihr, die im Körper gespeicherten Spannungen zu lösen und ein Gefühl der Sicherheit in ihrem eigenen Körper zu entwickeln.

Fazit

Lisas Geschichte zeigt, wie tiefgreifend die Auswirkungen von emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit sein können und wie sie zu Bindungstrauma führen. Doch es gibt Hoffnung: Mit der richtigen Unterstützung und den passenden Ansätzen können Menschen wie Lisa ihre Vergangenheit aufarbeiten und ein gesundes, erfülltes Leben führen.

Der Heilungsprozess ist oft lang und erfordert Mut und Geduld. Doch wie Bessel van der Kolk betont: „Healing from trauma is about reconnecting with life. It is about becoming alive again.“ Lisas Weg zeigt, dass es möglich ist, die Wunden der Vergangenheit zu heilen und ein neues, lebendiges Kapitel zu beginnen.

Über die Autorin Josi

Hey hier schreibt Josi - über Human Design, Theta Healing®, Spiritualität im Alltag und sicher bald noch mehr :)

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